Unser Verhältnis zur Wahrnehmung anderer Lebewesen: Eine Frage des Selbstverständnisses
In einer Gesellschaft, die den Menschen oft als „Krone der Schöpfung“ ansieht, neigen wir dazu, Tiere als minderwertig zu betrachten – als Wesen, die weniger fühlen, denken und wahrnehmen als wir. Die fünfteilige Bildserie „Perception“, bestehend aus einer Schildkröte mit menschlichen Augen, einem Schwein mit menschlichen Mündern, einer Taube mit menschlichen Nasen, einem Dackel mit menschlichen Ohren und einer Maus mit menschlichen Fingern, wirft ein kritisches Licht auf diese Haltung. Diese Darstellungen zeigen auf, wie sehr wir das Menschliche als Maßstab für alle Lebewesen setzen und daran deren Wert und Fähigkeiten messen.
Doch Tiere haben eine eigene Wahrnehmung und ein komplexes inneres Erleben, das häufig unterschätzt oder missverstanden wird. Viele wissenschaftliche Studien belegen mittlerweile, dass Tiere Emotionen und kognitive Fähigkeiten besitzen, die denen von Menschen ähneln. Hunde zeigen Empathie, Schweine können sich selbst im Spiegel erkennen, und Elefanten trauern um verstorbene Artgenossen. Die Annahme, Tiere könnten nicht so intensiv fühlen wie Menschen, zeugt eher von einer begrenzten menschlichen Perspektive als von tatsächlichen Unterschieden.
Die provokanten Bilder dieser Serie fordern uns dazu auf, unser Selbstverständnis zu hinterfragen und die Kluft, die wir zwischen uns und anderen Lebewesen ziehen, zu überdenken. Sie erinnern uns daran, dass die Fähigkeit zu fühlen und wahrzunehmen keine ausschließlich menschliche Eigenschaft ist, sondern ein Zeichen des Lebens selbst. Statt Tiere nur als Mittel für menschliche Zwecke zu betrachten, könnten wir uns dafür öffnen, ihre Lebensweisen zu respektieren und anzuerkennen, dass sie genauso ein Recht auf Wohlbefinden und Freiheit haben.
Diese Einsicht könnte unser Handeln und unsere Haltung gegenüber Tieren nachhaltig verändern. Ein respektvollerer Umgang könnte schließlich nicht nur das Leben von Tieren verbessern, sondern auch den Menschen eine tiefere Verbindung zur Natur ermöglichen.
Sven Hermann, Karlsruhe Oktober 2024
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